Mobbinggeschichten
Leon und Ansgar streiten sich um ein Auto. Klara und Maike wollen nicht mit Christin spielen. Toby nennt Jule eine Heulsuse. Mia schlägt Oskar ihre Puppe auf den Kopf. Robin kneift Lea und Erik klaut Paul den Ball.
Die Grenze zwischen Streit und Mobbing ist fließend.
Kannst du erklären, wie es in folgenden Situationen zum Streit gekommen ist? Was würdest du tun? Zwei Begebenheiten unterscheiden sich von den anderen. Kannst du beschreiben, was sie unterscheidet?
Leon möchte auch einmal mit dem Auto spielen, aber Ansgar rückt es nicht heraus. Er sieht nicht ein, warum er etwas abgeben soll. Außerdem findet er es spannend zu sehen, wie sich Leon verhält. Fängt er an zu weinen oder wird er sauer? Und Leon? Er ist hin- und hergerissen. Einerseits könnte er sich auch ein anderes Spielzeug suchen. Andererseits will er sich gegen Ansgar durchsetzen.
Klara und Maike spielen in der Kochecke ihrer Kindergartengruppe. Da kommt Christin und reißt Klara die Pfanne aus der Hand. „Platz da! Ich brate jetzt Spiegeleier!“, ruft sie und drängt Maike vom Herd weg. Klara und Maike sehen sich verdutzt an. „Ihr müsst den Tisch decken!“, ordnet Christin an und schubst Klara aus der Kochecke.
Jule ist mit dem Dreirad gestürzt. Ihr rechtes Knie ist aufgeschlagen und blutet. Sie weint vor Schreck und Schmerz. Toby kommt angelaufen und betrachtet die Wunde. „Mensch, du kleine Heulsuse, da hast du aber einen Satz gemacht!“ Vorsichtig hilft er Jule beim Aufstehen. Auf Tobys Arm gestützt, humpelt sie zur Erzieherin.
Oskar kann es nicht lassen, an Mias schönem, langen Zopf zu ziehen. „Aua, das tut weh!“, schreit sie ihn an, nachdem er sie ein drittes Mal geärgert hat. Aber Oskar grinst nur. Diesmal reißt er sogar an den Haaren und lässt nicht los. In ihrer Not greift Mia nach ihrer Puppe und schlägt damit Oskar auf den Kopf. Erschrocken lässt Oskar den Zopf los.
Lea hat sich zum Mittagessen neben Carlo gesetzt. Die beiden verstehen sich in letzter Zeit sehr gut. Sie haben herausgefunden, dass sie nur ein paar Häuser voneinander entfernt wohnen und sich auch schon am Nachmittag zum Spielen getroffen. Robin war bisher Carlos bester Freund. Er findet alle Mädchen „doof“. Das sich ausgerechnet „sein Carlo“ mit der „doofen“ Lea abgibt, kann er nicht verstehen. Und jetzt sitzt die auch noch auf seinem Platz am Mittagstisch! „He du, da sitz ich!“ Robin stellt seinen Teller ab und schiebt Leas Teller so heftig weg, dass die Suppe überschwappt. „Aber, ich …“, bevor Lea den Satz auch nur ausgesprochen hat, kneift Robin ihr in den Oberarm und zischt wütend: „Mach, dass du hier wegkommst, sonst knallt es!“
Paul ist neu in der Klasse. Seine Eltern sind erst vor Kurzem in die Stadt gezogen. Er fühlt sich noch fremd und redet nicht viel. In der alten Schule hatte er viele Freunde, hier aber kennt er niemanden. In der Klasse gibt es drei Gruppen: die Stadtkinder, die Überlandkinder und Erik mit seiner Clique. Erik hat ein ziemlich großes Mundwerk. Er sagt, wo es lang geht, und seine drei Jungs Malte, Leo und Alex folgen ihm. Selbst vor den Lehrern nimmt Erik kein Blatt vor den Mund. „Frechheit siegt!“ Das ist sein Motto. Die anderen Kinder bewundern ihn dafür oder haben Angst vor seinen Wutausbrüchen. Wer ihm in die Quere kommt, wird beschimpft, gehänselt und ausgelacht.Was er will, das nimmt er sich: hier ein Radiergummi, dort ein Pausenbrot oder das Essensgeld. „Wenn du einen Mucks sagst, verklopp ich dich!“, droht er. Dabei hält er den Kindern seine geballte Faust unter die Nase und knufft sie heftig in die Rippen. Erik fühlt sich stark und die Lehrer schauen weg. Sein Vater ist Rechtsanwalt. Als Paul in die Klasse kommt, ändert sich die Situation schlagartig. Erik hat beschlossen, dass er „den Neuen“ nicht ausstehen kann und was er sagt, ist für die anderen Gesetz. Außerdem finden es alle ganz angenehm, dass „der Neue“ von ihnen ablenkt. Und „… sieht der nicht tatsächlich wie ein Idiot aus?“ „Der benimmt sich doch auch komisch, das sagt jeder!“ In der Pause steht Paul alleine auf dem Schulhof. Im Sportunterricht will ihn niemand in der Mannschaft haben. Fast jeden Tag muss er nun Erik sein Pausenbrot geben. Neuerdings verlangt der auch einen Euro „Schutzgeld“. Als Paul vor ein paar Tagen einen Fußball mit in die Schule gebracht hat, ist dieser nach der sechsten Stunde verschwunden. „Zehn Euro, wenn du die Pille wiederhaben willst!“, sagt Erik am nächsten Tag zu ihm. Seit ihn die Jungs das letzte Mal auf dem Klo abgepasst haben, traut Paul sich nur noch während der Schulstunde dorthin. Dafür muss er sich von den Lehrern dumme Sprüche anhören, über die dann die ganze Klasse lacht. So kann es nicht weitergehen!
Hast du eine Idee, wie man Paul helfen kann?
Willst du mehr über Mobbing erfahren?
Text: Nicole Potthoff
Und hier geht es wieder ins Gesundheits-Spezial!